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Eine komplette und kostenlose Einführung in das Yogasutra des Patanjali mit Michael Wiese

Das Yoga Sutra des Patañjali. Einführung und Überblick

Das Yoga Sutra des Patañjali ist eines der grundlegenden Werke zur Yoga-Philosophie. Yoga ist eine Denkschule, ein Lebensplan, eine Geistes-Haltung. Hier bekommst Du einen Überblick

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Kleine Podcast-Statistik zum 27.11.2023

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4930

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

„Klasse Podcast! Ich liebe es.
Für alle, die sich trauen, im Leben tiefer zu tauchen
und das Wesentliche besser verstehen zu wollen“



Michael Wiese - Yogalehrer und Freier Autor
Michael Wiese – Yogalehrer und Freier Autor

Über mein Projekt

Michael Wiese ist Gründer von YogaYa, Yogalehrer, Ausbilder und Freier Autor

„Der Podcast mit seinen 89 Folgen nahm seinen Ausgang am Anfang der Pandemie im Frühjahr 2000 und endete im November 2022. Es steckt sehr viel Arbeit und Zeit darin, viel Liebe zu Yoga und sehr viel Leidenschaft. Der Podcast ist in meiner Freizeit entstanden und verfolgt keine kommerziellen Interessen.“

Lies den ganzen Text online:

➜ Wenn Du tiefer einsteigen willst oder das ganze Skript durchsuchen möchtest, dann lies hier den gesamten Text.⬅︎


Über den Podcast

Mit diesem Podcast bekommst Du eine schrittweise Einführung in diesen fantastischen Text. Michael Wiese unterrichtet seit Jahren Yoga-Philosophie in Ausbildungen. Als studierter Historiker liest er mit Dir den Quellentext, Sutra für Sutra. Humorvoll und prägnant erläutert Michael sein ganz persönliches Verständnis des Yoga Sutra.

„Es ist nicht der Körper, dem wir eine Diät verordnen müssen, um schlank zu werden, sondern es ist der Geist, den wir einer Diät unterziehen müssen, um ruhig zu werden.“ (Teil 69)

Michael Wiese

Das Yoga Sutra des Patañjali ist eines der grundlegenden Werke zur Yoga-Philosophie. Es weist uns den Weg durch den Dschungel der Existenz, des Geistes oder der Psyche, wie man vielleicht heute sagen würde. Yoga ist eine Denkschule, ein Lebensplan, eine Geistes-Haltung. Yoga ist nicht Herabschauender Hund, Kamel und Handstand. Das sind nur Mittel zum Zweck.


Was Hörer*innen denken

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Ich liebe die frische und angenehme
Stimme von Michael und die inhaltlichen Zusammenfassungen
sowie die Rezitationen der einzelnen Sutren!

Grandios … herzlichen Dank!

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Grandios … herzlichen Dank

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Ich stecke mitten in einer 2-jährigen Yoga Ausbildung und wir beschäftigen uns gerade mit den Yoga Sutren von Patanjali. Die Podcast Reihe von Michael Wiese ist sehr inspirierend und bereichernd, erklärt die abstrakten Verse in anschaulicher Weise angepasst und verständlich für unsere Gesellschaft und unser Zeitalter. Ich liebe das musikalische Intro, die frische und angenehme Stimme von Michael und die inhaltlichen Zusammenfassungen sowie die Rezitationen der einzelnen Sutren! Ich bin sehr dankbar, euch gefunden zu haben. Herzlichen Dank für eure Arbeit.

Sehr bereichernd!

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Sehr bereichernd!

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Ich habe zwei verschiedene Bücher zum Yoga Sutra gelesen, dieser Podcast ist einfach klasse! Für mich hat es nochmal einiges vertieft, doch ich denke auch „Neulinge“ können hier sehr viel mitnehmen. Fantastisch auch, dass die Sutren rezitiert werden. Vielen lieben Dank YogaYa

Ein wichtiger Begleiter auf meinem Yogaweg!

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Ein wichtiger Begleiter auf meinem Yogaweg

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Vielen Dank für deine einmalige Art, das Yoga Sutra zu entschlüsseln und die Lektüre dieses wertvollen Reiseführers Schritt für Schritt zu begleiten. Ich liebe deine unprätentiöse und gleichzeitig respektvolle Sprache, die die Dinge auf den Punkt bringt (ekāgratā!). So ist dein Podcast ein wichtiger Begleiter auf meinem Yogaweg geworden! Vielen Dank dafür!
Christoph S.


Ist Yoga eine Philosophie?

Yoga – eine Philosophie: Manch einer denkt bei Yoga vor allem an die körperlichen Übungen, die so genannten Asanas. Und tatsächlich sind diese auch ein fester Bestandteil fast aller Yoga-Richtungen, die Du heutzutage so finden kannst. Macht auch Sinn: denn ein starker und zugleich flexibler Körper hilft Dir, Schmerzen zu reduzieren und dich wohl zu fühlen. „Sthira-sukham-āsanam“ – so stark und flexibel zugleich, das steht auch so im berühmten Yoga Sutra 1.46, soll ein Asana sein. 

Tja, aber was glaubst Du: wie oft taucht das Wort asana im gesamten Sutra des Patanjali auf? Ich verrate es Dir: ganze zwei mal. Mmmmh. Geht es vielleicht noch um was anderes?

Sagen wir es mal mit den Worten eines berühmten Kommentars:

„Man muss hier anmerken, dass die sogenannten yogaasanas oder verschiedenen Körperhaltungen, die von sogenannten Yogis populär gemacht werden, in den Yoga-Sutren keinen Platz finden. Sie stellen eine Abweichung vom Yogaweg da, wie er von Pantanjali (…) gelehrt wird. Diese verschiedenen Arten von Asanas mögen therapeutischen Wert für gewisse Gebrechen haben, aber sie haben keine Bedeutung für Yoga, wie er in diesen Sutren dargestellt wird.“ 

(P.Y. Deshpande)

Interessant, oder? Ein bisschen krass vielleicht. Aber keine Sorge, Du musst nicht gleich den Abo in deinem Lieblingsstudio kündigen, schon gar nicht bei uns….

🎶 Hörbeispiel aus Teil 41 🎶
Keine Erleuchtung in Sicht? Was machst Du nur falsch?

Nächste Haltestelle: Erleuchtung!

Nächste Haltestelle: Erleuchtung. Das Yoga Sutra des Patanjali ist das grundlegende philosophisch-psychologische Werk, auf dem das traditionelle wie das moderne Yoga fusst. Yoga war und ist so bunt wie das Leben. Und Yoga wurde und wird deshalb auch sehr unterschiedlich gelebt und verstanden. Und das ist gut so. Aber auf eine Grundlage können sich die meisten Anhänger des Yoga einigen: auf Patanjalis Yoga Sutra als geistiges Geländer, das uns auf dem Weg des Yoga belgeitet. 

Wohin führt der Weg? Na, zur Erleuchtung natürlich, was hast Du denn gedacht? 🙂

OK, so weit ist es bei mir noch nicht, sonst könnte ich wahrscheinlich gar keinen Podcast mehr machen. Wir wollen mal etwas bescheidener bleiben. Wie wäre es damit:

„Nicht mehr so viel grübeln müssen, gelassen werden, entpannter, aber trotzdem klar und kraftvoll sein. Ruhige, freundliche Gedanken haben. Milde sein. Sich nicht so oft persönlich angegriffen fühlen. Sich nicht fortreißen lassen von seinen Gefühlen. Liebevoll statt wütend sein. Loslassen können.“

Michael Wiese

Klingt doch nicht so schlecht, oder? Damit sind wir mitten drin im Yoga und im Yoga Sutra des Patanjali.

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Das Menü: Die Kapitel des Sutra

Das Menü: Die Kapitel des Sutra. Das Yoga Sutra des Patanjali besteht aus vier Kapiteln oder auch Büchern, hier ein Überblick:

Kapitel 1: Samadhi Pada 51 Sutras
Definition des Yoga
Yoga-Wege in der Praxis
Stufen der Yoga-Erfahrung
Kapitel 2: Sadhana Pada 55 Sutras
Die Ursache von Leiden und Unbewusstheit und ihre Überwindung
Der achtgliedrige Pfad (1 – 5)
Kapitel 3: Vibhuti Pada55 Sutras
Der achtgliedrige Pfad (6 – 8)
Übernatürliche Fähigkeiten
Kapitel 4: Kaivalya Pada34 Sutras
Das Ziel: Leben in Freiheit und in vollkommener Loslösung
Gesamt195 Sutras

Worum geht es in den vier Kapiteln des Yoga Sutra?

Worum geht es: Ich gebe es mal etwas salopp wieder in meinen Worten, was die vier Kapitel des Yoga-Sutra des Patanjali beinhalten:

Kapitel 1: Samadhi Pada – Über die Versenkung

Von nichts kommt nichts – Gelassenheit musst Du üben. Dann wirst Du mit der Zeit erkennen, wie Dein Geist funktioniert. Es ist nämlich so: Du nimmst die Welt wahr durch Deine Erfahrungen und Erinnerungen. Und die sind wie ein Film im Kino. Dieser Film wird aber nur auf Deine geistige Leinwand projiziert, Du solltest ihn nicht verwechseln mit der echten Welt. Manche Leute erkennen das mühelos, die meisten müssen dafür lange herumprobieren. Es gibt viele Wege, wie Du gelassener und glücklicher werden kannst, finde Deinen eigenen! Dann wirst Du immer besser unterschieden können, ob Du nur ein Filmbesucher bist oder ein echter Kinobesitzer. 
Aber sein kein Streber: wenn Du Dich zu sehr bemühst und zu stolz bist auf erste Erfolge, geht das Ganze nach hinten los. Lasse los, vertraue – und erkenne.

Kapitel 2: Sadhana Pada – Über die Übung

Noch nicht so richtig klar, oder? Gut, hier hast Du eine Liste der Dinge, die Dir das Leben schwer machen. Es sind vor allem: Selbst-Täuschung, Egoismus, Gier, Vorurteile und Angst. Diese Dinge sind wie Spinnweben, die Dich festhalten wollen. Um sie abzuschütteln, musst Du die Art ändern, wie Du mit Dir und Deiner Umwelt umgehst. Tiefes Atmen und die Konzentration auf das Wesentliche werden Dir dabei helfen.

Kapitel 3: Vibhuthi Pada – Über die übernatürlichen Kräfte

Wenn Du dauerhaft gelassener und glücklicher wirst, können Sachen passieren, die Du jetzt noch für ganz unmöglich hältst: wahre Wunder. Du bist auf dem Weg zu absoluter Freiheit. 
 Aber Achtung: Lass‘ Dich von diesen Wundern nicht zu sehr beeindrucken!

Kapitel 4: Kaivalya Pada – Über die Freiheit

Du bist schon sehr weit gekommen auf dem Weg zur Freiheit – aber Du kannst sie nicht erzwingen! Die Freiheit, um die es hier geht, ist viel größer und stärker, als Du Dir vorstellen kannst. Sie ist so radikal, dass Sie Dein Bewusstsein komplett verändern – und letztlich Dein Ich auflösen wird im großen Ganzen.


Fragen an Yoga, Fragen an das Leben

Die Fragen, die uns im Leben wir im Yoga Sutra des Patanjali begleiten, sind elementar und ähnlich zu allen Zeiten

Fragen an das Leben - Fragen an Yoga:
Wie gelingt es uns, aus der Befangenheit unserer Ich-Sicht auf die Welt auszubrechen?
Ist Yoga eine Philosophie?
Ein Philosoph liebt die Er- kenntnis, ein Yogi sucht die Erfahrung...
Was bedeutet Freiheit?
Wie schaffen wir es, ande- re und auch uns selbst nicht immer zu bewerten und zu kritisieren?
Wie bringen wir unseren sprunghaf- ten Geist dauerhaft zur Ruhe?
Fragen an das Leben, Fragen an Yoga

🎶 Hörbeispiel aus Teil 43 🎶
Yamas und Niyamas – alles fängt bei Dir an


Suchst Du einen Dozenten für dein Teacher Training?
Du bist Yoga-Unternehmer.in und bietest ein eigenes Teacher-Training an, weißt aber nicht so recht, wie du das Yoga-Sutra des Patañjali integrieren sollst? Ich arbeite gern auch für Dein Studio und bereichere deine Ausbildung mit meinen Kenntnissen im Unterrichten des Yoga-Sutras und meiner jahrzehntelangen Erfahrung in der Erwachsenenbildung.
M. Wiese


Wie rezitiert man die Sutras?

Über das Rezitieren von Sutras: In meinem Podcast bespreche ich alle Kapitel und alles Sutras, ich rezitiere dabei die Sutras auch auf Sanskrit und liefere dann eine Übersetzung auf Deutsch, oder besser Übertragung, denn die Übersetzungen des Yoga Sutras unterscheiden sich erheblich, je nach Perspektive und Blickwinkel der Übersetzer.

Bei der Rezitation orientiere ich mich an Srivatsa Ramaswami, einem Schüler von Krishnamacharya, der wiederum ein Urvater des modernen Yoga war. Damit versuche ich, den Text auswendig zu lernen, mehr so als Gedächtnistraining. In weiteren Workshops unter anderem bei der wunderbaren Nitya Mohan konnte ich das dann noch verfeinern und überprüfen. Natürlich erhebe nicht den Anspruch der perfekten Aussprache und Indologen und Sanskrit-Gelehrte mögen mir meine Fehler verzeihen , aber es macht mir einfach Spaß, es so gut wie möglich zu machen und euch ein Gefühl für die wunderschöne Sprache Sanskrit zu vermitteln.

Grundsätzlich gibt es zwei Wege der Rezitation: die Wörter werden langsam nacheinander gesprochen mit einer kleinen Pause oder die Wörter eines Sutras werden in einem Fluss (oft einem Atemzug) gesprochen und die Wortgrenzen verschwimmen. Dieser Methode folge ich.

Ich gehe einfach gern durch den Wald und versuche, die Sutren zu memorieren und zu trainieren. Was das für einen Sinn macht? Keinen oder eben doch: den Geist zu trainieren. Ich bin manchmal eben etwas nerdig, wie alle Yogis.


Was ist das besondere an den Yoga Sutras?

  • Wer ist der Autor des Yoga Sutras?
    Die Urheberschaft und die Entstehungszeit des Sutras sind nicht vollständig klar (ein Autor, viele Autoren). Das erklärt auch u.a. die sehr unterschiedlichen Zeiteinordnungen des Textes. Der Einfachheit und der Tradition halber wird der Text dem Gelehrten Patañjali zugeschrieben. Man weiß aber nicht, ob es ihn wirklich gegeben hat.
  • Aus wie vielen Sutras besteht der Yoga Sutra?
    Das Sutra besteht aus 4 Kapiteln und 195 Sutras. Ein Sutra ist wie ein Aphorismus, ein kondensiertes und eingekochtes Stückchen Wissen. Dabei sind die Sutras wie Perlen auf einer Kette aufgereiht. Es ist wichtig, immer den Kontext eines Sutras zu betrachten und nicht ein einzelnes Sutra zu isolieren.
  • Wie wurde das Yoga Sutra gelehrt?
    Das Sutra wurde lange vor allem mündlich von (in der Regel männlichem) Lehrer zu (in der Regel männlichem) Schüler übertragen (weshalb es wahrscheinlich auch älter ist als seine schriftliche Fixierung – ähnlich unseren Märchen). Das Yoga Sutra ist ursprünglich ein elitärer Unterweisungstext von Guru zu Schüler. Selbstverständlich ist das Yoga-Sutra auch im Kontext der Priesterschaft im alten Indien zu sehen.
  • Ist das Sutra in einem Stück niedergeschrieben worden?
    Manche Teile des Sutras wirken sehr stringent, andere scheinen später hinzugefügt (z.B. der Achtfache Weg), manches scheint aus dem Zusammenhang gerissen, manches wiederholt sich
  • Warum gibt es vier verschiedene Kapitel im Yoga Sutra?
    Genau weiß man das nicht. Inhaltlich sind die tragenden Säulen des Sutras der 1. und der 4. Teil, das 2. und 3. Kapitel sind Vertiefungen, Erklärungen oder Anleitungen. Oft wird aber nur Teile des 2. und 3. Teils zitiert, weil dorta auch der berühmte 8-fache Yogaweg erklärt wird.
  • Was sind die wichtigsten Sutras des Yoga Sutra?
    Das kann man natürlich nicht so einfach sagen. Für alle, die es eilig haben: Das Wesentliche steht bereits im Kapitel 1, Sutra 1-4! Der berühmtere 8-fache Yogaweg ist eher die verständliche Auskleidung dieser grundlegenderen Sutras aus dem ersten Teil.
  • Kann man das Yoga Sutra auswendig lernen?
    Klar kann man 🙂 Es gibt gewisse sich wiederholende rhetorische und didaktische Kniffe, die auch das Auswendiglernen erleichtern. Einige dieser Stilelemente sind: 
    • Zusammenfassung – Erklärung – Erklärung – Erklärung
    • Nummerische Strukturen und Aufzählungen (typisch nicht nur im Yogasutra) 
    • Wenn … dann … wenn … dann – Konstruktionen
    • Anforderung – Lösung – Alternativen (oder .. oder … oder)
    • Abkürzungen für einige – Trost für andere (für alle anderen oder wie Steve Jobs es immer so schön sagte: „for the rest of us….“
  • Ist das Yoga Sutra ein buddhistischer Text
    Nein. Ja. Ja-Nein. Eigentlich ist das Yoga Sutra natürlich ein Text, der in der Tradition der indischen Philosophie des Samkya steht. Aber natürlich ist das Yoga Sutra start vom damals aufkommenden und sehr populären Buddhismus geprägt. Das sieht man sowohl an der Machart, als auch an wesentlichen Gedanken und Ideen. Neuere Studien haben diese deutlichen Parallelen und Einflüsse des Buddhismus auf das Yoga-Sutra herausgearbeitet.
  • Darf man den Sanskrit-Text rezitieren oder ist das kulturelle Aneignung?
    Ja, warum sollte man nicht versuchen, den Text zu rezitieren? Was soll passieren? Ich habe noch niemanden aus Indien kennengelernt, der sich nicht gefreut hätte über solche Versuche. Den meisten ist es einfach gesagt auch wurscht. Es gibt einen Unterschied zwischen wertschätzender Annäherung an die große indische Kultur und eine diskriminierende Übernahme kulturell besetzter Codes.

Michael Wiese über das Yoga-Sutra

Mein Reiseführer

„Für mich persönlich ist das Sutra eher wie ein rätselhafter Reiseführer durch eine sehr große unbekannte Stadt. Ich erhalte zahllose Tipps, wohin ich gehen könnte, aber es gibt immer wieder auch Alternativen, wie in einem Suchspiel. Du kannst der vorgeschlagenen Route folgen, aber dann merkst Du, dass Dich das nicht weiterbringt und du fast schelmisch immer wieder zu Plätzen geführt wirst, wo Du vorher schon warst. Also denke ich: ein bisschen ausführlicher könnten die Erklärungen hier schon sein, mein lieber Patanjali! Doch dann schaue ich mich um, was bleibt mir anderes übrig, und versuche selbst zu entdecken, was im Reiseführer nur mit kargen Worten beschrieben ist.

Ich muss die Erfahrung selbst machen. Und wenn ich ein Gebäude betrete, dann entdecke ich vielleicht weitere Hinweise über seine Bedeutung, oder ich frage jemanden, der mich wieder auf einen Kaffee einlädt. Das sich daraus ergebende Gespräch führt wieder an eine ganze andere Stelle usw. Am Ende habe ich eine einzigartige Reise hinter mir, die ich jederzeit wiederholen kann, weil sie jedesmal anders ist. Irgendwie ist der Reiseführer sein Geld wert.“

🎶 Hörbeispiel aus Teil 7 🎶
smṛti – die Erinnerungen 200 Exabytes auf deiner Festplatte


Die Yoga-Diät

Yoga ist eine Diät. Vielleicht die beste Diät, die es gibt. Nein, keine, bei der Du unbedingt Gewicht verlierst, obwohl auch das passieren kann. Weil du vielleicht bewusster und weniger isst und beginnst, dich fleischloser zu ernähren. Denn Du kannst der Gewaltfrage (ahimsa) nicht ausweichen. Gewalt, die wir unseren fühlenden und intelligenten Tieren antun. Wie könnte man je ruhig und gelassen werden, wenn man sich dieser Frage nicht stellt.

Aber mit Diät meine ich natürlich etwas ganz anderes. Ich rede von der Diät für den Geist. Wir sind den ganzen Tag Millionen von Eindrücken und Erlebnissen ausgesetzt, die wir irgendwie verarbeiten, bearbeiten, bewerten und einsortieren müssen. Wir sind so abgelenkt mit der Beschäftigung mit der äußeren Welt und noch mehr mit der inneren Welt („bin ich schön/schlau/nett/reich/gesund/gelassen genug?), dass wir überhaupt keine Gelegenheit haben, mal weniger zu machen, zu denken, zu bewerten. Denn das ist anstrengend. Also füllen wir immer mehr rein in unseren Kopf. Wir stressen uns permanent und nehmen uns selbst zu wichtig. Ja, wir stellen uns in den Mittelpunkt des Universums. Manchmal jedenfalls. Wir können aber innehalten und uns dem starken Strom des Ego entgegenstellen. Wir können unser Bewusstsein durch beharrliches Üben und Loslassen andererseits einer Diät unterziehen. Freiheit ist eine Übung in Subtrahieren. 

Weniger machen, denken, ablenken, einfach weniger wollen ist noch viel schwerer, als die Mousse au chocolate stehen zu lassen. 

🎶 Hörbeispiel aus Teil 25 🎶
Yoga ist eine Übung in Subtrahieren


Mein “Lieblings-Sutra“

Ein Ranking der wichtigsten Sutras ist natürlich unmöglich. Viele würden vielleicht sagen, der 8-fache Weg zur Versenkung ist das Wichtigste im Sutra. Aber der 8-fache Weg erstreckt sich über zahlreiche Abschnitte des Sutras und sogar über 2 Kapitel. Überhaupt: manche Abschnitte des Yogasutra des Patanjali erschließen sich schneller, manche sind reichlich kompliziert. Aber jeder und jede wird Passagen im Yoga Sutra finden, die einen besonders beschäftigen, berühren, ermutigen oder auch provozieren.

Auch wenn man bei einem historischen Quellenwerk nicht gut beraten ist, einzelne Aspekte aus dem Kontext herauszureißen – das sollte man übrigens nie machen – ist es aus meiner Sicht doch legitim, Lieblingssutras zu haben. Warum auch nicht?

Mein Lieblingssutra ist das 20. Sutra aus Kapitel 1:

śraddhā-vīrya-smṛti samādhi-prajñā-pūrvaka itareṣām

(gesprochen: Schradda-Virja-Smritti-Samadhi-Pragnja-Purvaka-Itarescham)

Das bedeutet so viel wie: Das Leben mit Mut, Zuversicht, Vertrauen und Tatkraft gestalten ist ein Weg, die Freiheit zu erlangen. Das ist hier ein bisschen ein Trostpflaster für alle, die nicht von Natur aus mit der Gabe der tiefen Meditation und Versenkung ausgestattet sind. Denn solche Menschen gibt es ja auch. Besondere Menschen, die sich gar nicht erst abrackern müssen, denen steht die Tür zur Weisheit, Freiheit und Erleuchtung einfach so offen. Vielleicht gab es schon immer solche Leute, vielleicht Jesus, oder Buddha – wobei der hart um seine Erleuchtung gerungen hat. Oder Osho, ach ne, der war ein Blender und Ausbeuter. Oder der Dalai Lama, der das aber lachend bestreiten würde. Schöne Vorstellung, irgendwie.

🎶 Hörbeispiel aus Teil 12 🎶
Vertrauen – Es wird alles gut


Es gibt viele wunderbare Passsagen im Yogasutra, bestimmt findest Du auch für dich besonders wertvolle. Ich wünsche Dir viel Spaß dabei und wertvolle Erkenntnisse. Zum Schluss noch meine nicht ganz so ernst gemeinte Kinderzeichnung zum Yoga-Sutra:

Das Yoga-Sutra - eine kleine Zeichnung von Michael Wiese
Das Yoga-Sutra – eine kleine Zeichnung von Michael Wiese

Michael Wiese


Literaturempfehlungen

Das Yogasutra. Von der Erkenntnis zur Befreiung

von R. Sriram.

R. Sriram ist ein bedeutender Yogalehrer und Gelehrter in Deutschland. Seine Übersetzung des Yoga Sutra ist ein tolles Buch für alle, die sich mit Patañjali beschäftigen wollen. Wir nutzen, wie viele andere Studios, diese Übersetzung auch in unseren Ausbildungen. Sie sind modern und recht leicht verständlich. Die Sutras werden erklärt und auch die einzelnen Sanskrit-Begriffe anschaulich übersetzt. Ein super Einstieg ins Thema.

Theseus Verlag 2003


Über Freiheit und Meditation. Das Yoga Sûtra des Patañjali. Eine Einführung

Übertragung und Kommentar von T.K.V. Desikachar

T.K.V. Desikachar ist einer der „Urväter“ des modernen Yoga. Ein großer Gelehrter, der unfassbar viel dafür getan hat, auch Menschen „im Westen“ Yoga nahe zu bringen. Die Übersetzung ist etwas schwülstiger, als die von Sriram, aber das ist nicht unbedingt schlecht. Interessant ist auch die beigefügte CD, auf der es eine Rezitation des Sutra gibt.

Via Nova, Verlag, Dezember 2003 – inkl CD


Patañjali. Die Wurzeln des Yoga.

Die klassischen Lehrsprüche des Patanjali

Ui, ui, ui. Wer wirklich tiefer tauchen will, wird hier fündig. Mein absoluter Favorit. Sehr komplex in den Erläuterungen, aber wirklich „mindblowing“. Ich nutze dieses Buch seit Jahren und entdecke immer wieder neue Aspekte. 

Herausgegeben von P. Y. Deshpande
Übersetzt von Bettina Bäumer, Barth O.W.
August 2010


Die Yoga Tradition

Geschichte, Literatur, Philosophie & Praxis

Das hier ist etwas für alle, die den noch größeren Blick auf Yoga suchen. Der renommierte Kenner Georg Feuerstein, leider schon verstorben, hat hier ein umfassendes Kompendium über Yoga zusammengetragen. Ein absolut phantastisches Werk, leider fast vergriffen. Das Sutra ist ein Teil des Buches mit der – soweit ich es beurteilen kann – quellnächsten Übersetzung. 

Wiggensbach, 2008.


Viel Spaß beim Lesen, Staunen und natürlich beim Üben!

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